Sonntag, 9. November 2014

Jura-Höhenweg (8): Am Bieler See entlang

September 2014. Nach der erholsamen Spielrunde im Juragarten haben wir unsere große Jurawanderung tatsächlich noch fortgesetzt und an einem einzigen Tag den ganzen Bieler See hinter uns gebracht. Dieser Abschnitt des Jura-Höhenwegs müsste theoretisch auf den Chasseral hinaufführen, aber wir wollten lieber auf halber Höhe genießen, was diese herrliche Gegend zu bieten hat (zumal das Wetter etwas auf der Kippe steht). Und meine Chefin wollte unbedingt Bahn, Bergbahn und Schiff verknüpfen, was uns als Nahverkehrsprofis auch bestens gelang.
Morgens geht es mit dem Zug nach Biel und dann kräftesparend mit dem Bähnle nach Magglingen hinauf. Das erste Bähnli ist so voller Radfahrer und Wanderer, dass wir nicht mehr hineinpassen. Mit dem nächsten aber, sind wir im Nu im Wald und wandern dort ohne größere Steigungen fröhlich vor uns hin, mal auf solchen Waldwegen, mal über die Wiesen.
Kurz hinter Twannberg lädt ein großer Grillplatz zur Pause ein.
Gut, dass wir wirklich pausiert haben, dann anschließend landen wir offenbar auf einen alten Römerstraße, die kräftig bergab führt. Hier wird das Laufen verflixt anstrengend. Für die Mountainbiker, denen wir begegnen, ist das offenbar die gewünschte Herausforderung - sie hätten ja auch die Straße nehmen können.
Am Ende des Holperwegs stoßen wir auf ein großes Gasthaus. Drinnen scharen sich die Besucher um die Vitrine, in der dieses putzige Kerlchen gelandet ist. Der kleine Siebenschläfer hat in der Nachbarschaft beim Entrümpeln seinen Schlafplatz eingebüßt und hier ein Zwischenquartier erhalten. Inzwischen hält er sicher längst wieder in einem neuen Eckchen Winterschlaf.
Das Einkehren in Reto's Glasatelier lohnt sich nicht nur wegen der leckeren Speisen, sondern insbesondere wegen des wunderschönen Geschirrs, in dem diese auf den Tisch kommen. Das war ein wahrer Genuss!
Es lohnt sich also, den Abstecher ans obere Ende der Twannbachschlucht auch mal mit dem Auto zu machen, um sich hier mit wunderschönen Unikaten aus der Glasbläserei einzudecken. Denn im Rucksack konnten wir solche Kleinode kaum mitnehmen.
Frisch gestärkt befolgen wir Aykas Tipp und stapfen nicht quer über die Ebene in Richtung Chasseral, sondern steigen die wildromantische Twannbachschlucht hinunter. Gut, dass wir nach der Taubenlochschlucht einen Tag Pause eingelegt haben!
Ups, sind wir in Karlsruhe gelandet? Baustellen und Umleitungsschilder? Ach, nein, nur Holzfällarbeiten. Macht nichts, wir wollten sowieso den unteren Weg nehmen.
Mitten in der Woche ist nicht allzu viel los. Wir genießen den Anblick der bemoosten Bäume und Felsen, durch die das Wasser der Douanne (oder des Twannbachs) sprudelt. Der Bach bildet mal wieder eine Sprachgrenze, aber die meisten Menschen hier sind zweisprachig (deutsch und französisch).
Kurz nach dem Ausgang aus der Schlucht gelangt man in die Weinberge und kann einen Blick auf den Weinort Twann werfen. Eigentlich könnten wir jetzt auch "nach Hause" gehen. Aber meine Chefs haben noch mehr vor. Wo ist eigentlich der angesagte Regen geblieben?
Wir wandern in Richtung Ligerz und St. Petersinsel (im Hintergrund) weiter, kommen kräftig ins Schwitzen und entdecken jede Menge sonnenhungriger Eidechsen an den Mauern. Meine Chefin findet, die Landschaft erinnere irgendwie an Italien. Warm genug ist es dazu allemal, aber geographisch liegt sie da doch ziemlich falsch. SO weit brauchen wir aus Deutschland für so viel Idylle eben doch nicht zu fahren.
An der Wallfahrtskirche in Ligerz lockt die nächste Schattenpause. Erneut fühlen wir uns in den Süden versetzt. Es ist ein wunderbar friedlicher Ort, und unversehens entdecken wir, dass wir auch mal wieder auf einem der vielen Jakobswege gelandet sind.
Ich bin kein Pilgerhund, nur ein treuer Wegbegleiter und aktuell schon recht müde. Meine Chefs wollen jedoch weiter, also trabe ich wieder mit.
Diesen Aufstieg musste ich glücklicherweise nicht probieren. Er macht wohl eine Katze glücklich.
Von hier aus ist es gar nicht mehr weit zum Anleger, wo wir das Schiff zur St. Petersinsel nehmen. Schiff fahren? Das ist mir erst einmal unheimlich. Doch die Boote der Bieler See Schifffahrt gehören hier zum regulären Nahverkehr (und sind deutlich größer als das Segelboot auf diesem Bild).
Auf der St. Petersinsel vertrete ich mir erst einmal die Füße und gehe etwas trinken. Hinten sieht man noch unser Schiff, das gleich weiter fährt. Baden ist hier nicht so ratsam, weil es offenbar "Entenflöhe" gibt, die das Fell gemein zum Jucken bringen. Aushänge warnen deshalb vor dem See. Meine Chefs lesen die Aushänge erst später, aber vielleicht reicht meine Antiflohbehandlung ohnehin gegen die Biester.
Die Petersinsel ist ein überaus beliebtes autofreies Ausflugsziel mit Hotel, Restaurant und großer Vergangenheit.
Meine Chefin dachte, man könnte auf dem Weg den Ausblick auf den See genießen, aber das war ein Trugschluss. Es geht äußerst langweilig durch den Wald, dann über eine lange Allee immer stur gerade aus.
Am sogenannten Heidenweg bekommt man einen Eindruck vom ursprünglichen Bewuchs in der Steinzeit. Der Aussichtsturm ist verflixt baufällig. Ich muss da wirklich nicht hoch!
Der letzte Teil des Weges zieht sich schier endlos zwischen hohem Schilfgras hindurch. Immerhin kann ein Hund da gelegentlich mal etwas trinken.
Aber wir sind doch sehr froh, als der Hafen von Erlach auftaucht. Damit sind wir im Kanton Bern angelangt. Meine Chefin hat unterwegs gedrängelt, weil sie unbedingt das nächste Schiff erreichen wollte, und irgendwie haben wir alle keine Lust mehr. Wo sind unsere schönen Berge?
Dort im Hintergrund seht ihr sie. Und das Schiff, das uns nach Twann zurückbringt. Unseren "Jura-Tiefenweg" auf dem Damm nach Erlach können wir zum Nachahmen nur bei größtem Muskelkater empfehlen. Zu Fuß würden wir jedem raten, ab Ligerz weiter am Hang entlang nach Neuveville zu wandern, wo man ebenfalls in Bahn oder Schiff steigen kann.
Vom See aus hat man noch einmal einen herrlichen Blick auf die Kirche von Ligerz, an der wir am frühen Nachmittag so schön gerastet haben. Nur ich sehe davon nichts, denn ich schlafe schon.
Eigentlich müssten wir heute oben auf dem Chasseral stehen. Der sollte schließlich der Endpunkt dieser Wanderwoche sein. Mal sehen, ob das noch was wird.



Samstag, 1. November 2014

Raus aus dem Nebel, rauf auf den Dobel!

1. November 2014. Meine Chefs gucken aus dem Fenster. Die Devise heißt: Raus in die Sonne und heute mal ohne Steigung. Was wir nicht wollen, ist Nebel, auch kein Hochnebel. Also eher keine bunten Weinberge, weder in der Pfalz noch im Rheintal. Auf dem Bild sieht man gut den Hochnebel über dem Rheintal ("Inversionswetterlage"), auch die Schwaden, die noch drüben im Albtal hängen.

Am Sonnentor im Dobel (Höhenort bei Bad Herrenalb) beginnt die zweite Etappe des Westwegs, die von Dobel hinüber nach Forbach ins Murgtal führt. Verlockend! Aber diese 24 Kilometer laufen wir ein andermal, heute wollen wir einfach genüsslich Sonne tanken. Und der Dobel macht seinem Ruf als "Sonnenterrasse" alle Ehre!

Rund um diesen Turm war im Sommer ein sehr schönes mittelalterliches Heerlager. Viele Verkaufsstände, lockere Atmosphäre, phänomenaler Fernblick und ganz ohne Eintritt. Jetzt im Herbst ist es sehr ruhig hier oben.
Gleich hinter dem Kurhaus wartet diese einladend warme Bank auf viele, viele sonnenhungrige Gäste.
Aber wir wollen nicht sitzen, sondern laufen, erst einmal quer durch die Herbstwiesen und dann rund um den Ort, immer am Waldrand entlang. 
 Meine Chefin fotografiert nicht die diversen, meist recht umgänglichen Hunde, denen wir begegnen, sondern freut sich, dass man ohne Blätter besser sehen kann, wie skurril hier die Bäume wachsen.
Hier zum Beispiel trafen wir einen Mann mit zwei Huskies, der uns bestätigte, dass auf dem Dobel tatsächlich im Dezember Schlittenhunderennen stattfinden.

Immer noch kein Hundefoto. Stattdessen zwei verrückte Kletterziegen.
 Und ein Pferd. Für das Foto ging meine Chefin ganz nah an den Zaun...
 ...da raschelt es, und plötzlich steht ein zweites, neugieriges Pferd direkt neben ihr.
Auf dem ganzen Weg entdecken wir immer wieder Bänke in europäischen Landesfarben. Viele sind auch künstlerisch gestaltet, meistens von Schulklassen aus der Umgebung und häufig zusammen mit echten Künstlern. So wie diese hier, die für Kroatien steht.

Die Bank ist von gesägten und bemalten Riesenkrawatten aus Holz umgeben, weil die Krawatte ihren Namen von der Landestracht der kroatischen Soldaten im  17. Jahrhundert haben, die damals für Ludwig den XIV. kämpften. Von Frankreich aus verbreitete sich die "Croatta" dann über die ganze Welt.

Viele andere Bänke sind ähnlich phantasievoll hergerichtet. Meine Chefin findet später heraus, dass wir rein zufällig ziemlich genau dem Dobler "Europa-Rundwanderweg" gefolgt sind.
 Dies hier ist ein Denkmal für das "Enge Türle". Hier verlief rund 250 Jahre lang die Grenze zwischen zwei Wäldern, von denen der eine zu Württemberg und der andere zur Markgrafschaft Baden gehörte. Das Dorf Dobel gehörte zu Württemberg, und die Dobler durften aus dem württembergischen Wald ihr Feuerholz holen und dort auch Weidevieh hintreiben. Dazu mussten sie aber erst einige hundert Meter durch den badischen Wald stapfen, einem Jagdrevier des Markgrafen. Damit alles seine Ordnung hatte, gab es am "engen Türle" schließlich eine Kontrollstelle mit Schranke.
Heute kann man aber einfach drumherumschnuffeln. Ich sitze nur zur Dekoration da.
 Gleich hinter dem Türle kommt wieder so eine tolle Bank, diesmal für die Slovakei. Der "Ufo-Turm" ist von der asymmetrischen SNP Brücke in Bratislava inspiriert, in der ganz oben ein Restaurant zum Rundblick einlädt.

Der komplette Europarundweg mit den vielen Bänken ist übrigens auch gut kinderwagengeeignet. Es waren auch etliche Kinder (und ein paar Erwachsene) mit Fahrrädern unterwegs. Darum waren auch fast alle Hunde, die wir trafen, angeleint.
 Diese zwei Bäume sind doch auch ein tolles Symbol für Völkerverständigung, oder?
 Unten teilen sie sich engsten Raum, oben sind es starke, wunderbare Bäume.

Etwas später begegnen wir zwei Schäferhunde, die mich nicht mögen (wieder kein Hundefoto...).

Während die Chefs und ich uns noch wundern, wo das Problem liegt, erklärt uns die Chefin von den Schäferhunden schnippisch, das Theater ihrer Hunde wäre alles meine Schuld. Ein hochgestellter Schwanz sei aggressiv. Bei einem interessiert schwanzwedelnden Beagle??? Wir sind sprachlos. 

Meine Chefs sind sich einig, mein Schwanz gehört in die Luft. Nase an den Boden, weiße Schwanzspitze in die Höh'! Geht beim Beagle doch gar nicht anders, oder? 

Sicherheitshalber wird das zu Hause nochmals gecheckt: Da haben wir es: Eine Beagle-Rute gehört "fröhlich getragen". Das ist laut Beagleclub Deutschland offizieller Rassestandard. Wenn andere Hunde damit nicht umgehen können, gehört definitiv in jede Hundeschule ein Beagle in die Sozialisierungsgruppe.

Wir ignorieren die komischen Beagle-Verkenner und genießen lieber den Spätherbst.